HISTORISCHE HINWEISE

Die dem Heiligen Julius geweihte Badia di Dulzago ist ein Gebets- und Landwirtschaftsort, der in einer fruchtbaren, vom Terdoppio durchflossenen Ebene auf einen niedrigen Moränenvorgebirge liegt.

Das geistliche Zentrum wurde am Anfang des 12. Jahrhunderts von den Ordenskanonikern gegründet; zum Besten der Bauern übte es geistliche Aufgaben im Mittelalter aus. Die Kanoniker, die nach der Ordensregel Sankt Augustinus lebten, versuchten im Laufe des 13. Jahrhunderts eine kleine Ordensgesellschaft zu gründen und unterstellten ihrer Verwaltung die Kirchen St. Maria von Linduno und St. Alessandro von Besozzo. Am Ende des Mittelalters wurde dem Komturabt Leonardo Sforza das geistliche Zentrum übergeben; der Abt hob die Kanonikgesellschaft auf und Badia wurde zu einem reichen und fruchtbaren Bauernhof.

Das Zönobium, als Erzeugungsstelle, beherbergte die Familien der Bauern, die die ehemaligen Kanonikländer bebauten; das Kloster wurde zum Wohnungshaus des Verwalters, und die Kirche wurde einem Pfarrer anvertraut, den die Komturäbte ernannten. Zur Zeit Napoleons wurde die Kommende aufgehoben; das Zentrum mit Land und Wasserwegen wurde zuerst der französischen Familie Reynier und später der Familie Borromeo verkauft.

Die Borromeos verbreiteten den Reisbau auf dem Land. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Gebiet unter verschiedenen Besitzern aufgeteilt, und die Siedlung war einem fortschreitenden Bevölkerungsverlust ausgesetzt. Die kleine Badia-Gemeinschaft will heute das Denkmal, ein Geschichts- und Glaubenszeugnis, bewahren und verwerten.



 
 

BESICHTIGUNG DES GEBIETS

Die Badia von Dulzago ist das letzte Zeugnis einer sehr alten Siedlung römischen Ursprungs, die im Hochmittelalter Sitz eines Pfarrsprengels (d.h. ein geistliches Zentrum mit einem Baptisterium) war; in diesem Zentrum trafen sich die Bewohner der Nachbardörfer Caltignaga, Alzate, Cavagliano, Codimonte, Sologno und Morghengo.
Das alte Dorf Dulzago ist jetzt verschwunden; wenn Sie aber das nahe Dorf Cavagliano besuchen, können Sie verstehen, wie ein Bauerndorf im Spätmittelalter sein konnte. Die Bauernhäuser, mit dem “corte”-Grundriss, lagen gegen den Hügel, wo sich der wunderbare Palast Caccia (14. Jahrhundert), die Kirche St. Quirico und das Feudalschloss erhoben, das am Ende des 18. Jahrhunderts zu einer herrschaftlichen Villa wurde.
Auch in Caltignaga ist ein altes Caccia-Schloss aufbewahrt; die Familie Caccia war nämlich zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert Herrscher in dieser Gegend. Das Gebiet, von Pflanzen umgeben, ist vom Terdoppio durchflossen; das Wasser war früher reichlicher und klarer, reich an Fischen und Krebsen. Hier nisten noch heute die Reiher.

 
  BESICHTIGUNG DER BADIA

Man tritt in die Badia von Süden ein; eine leicht ansteigende Straße führt durch verschiedene Bögen und Bauernhöfe zur Kirche St. Julius und zu dem Kanonikkloster. Ein kurzer Weg führt, die nördliche Seite der Kirche entlang, zu dem Eingang des Pfarrhauses; durch die Schwelle erreicht man einen kleinen und mit Gras bewachsenen Hof, von dem man eine wunderschöne Aussicht auf den Vierungsturm, auf die Rückseite der romanischen Apsiden der Kirche und auf den nördlichen Teil des ursprünglichen Mönchenhauses genießt (hier, im Obergeschoss, ist der Gemeinschlafsaal noch erkennbar).

Durch das Tor, links, erreicht man die Corte dei Pigionanti (Mieterhof), die sogenannte Abissinia. Sie entstand gegen 1760, als verschiedene Gebäude für die Lohnarbeiter gebaut wurden. Die Gebäude bestehen aus einem Zimmer im Erdgeschoss und einer Dachkammer im Obergeschoss, und sind mit einem Feuerplatz versehen. Diesen einfachen Wohnungen gegenüber erheben sich die Gebäude des alten Pfarrhauses, das mit einem höheren Gebäude, aus Kieselstein und Ziegel, endet; in diesem Bau findet man Dekorationsmalerei aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.
Ein Bogen, der auf Ziegelsäulen beruht, führt den Besucher in den Brunnenhof, der seit dem 13. Jahrhundert Laienbrüderhof genannt ist; hier wurden nämlich die Laien beherbergt, die die Welt verließen und den Kanonikern bei der Landwirtschaftsarbeit halfen.

An den seitlichen Gebäuden merkt man die heute geschlossenen Bögen eines weiten Klosters, Residenz der Laienbrüder. Rechts sieht man die Überreste eines Palastes mit einem jetzt gekappten Eckturm: hier wohnten die Ordenskanoniker und ihre Verwalter, und man sagt, dass er zur Zeit von Leonardo Sforza in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gebaut wurde. Ein anderer Bogen (gegen Süden) führt den Besucher in einen großen ländlichen Hof, der zwischen dem 15. und dem 16. Jahrhundert errichtet wurde, als die Badia zu einem großen Bauernhof wurde.
In der Mitte liegt eine Tränke, die ursprünglich ein römischer Sarkophag aus Granit (2. Jahrhundert nach Chr.) mit einer Einschrift in Kapitalschrift war. Der Besucher steigt schließlich zur Kirche und geht die Mauern des alten Klosters entlang. Das Kloster ist heute Privateigentum, und deshalb werden Besucher nicht zugelassen.

 

 
 

BESICHTIGUNG DER KIRCHE

Von dem kleinen Kirchplatz (ehemaliger Friedhof) kann der Besucher die neulich renovierte Fassade der Kirche und den (in der Mitte des 18. Jahrhunderts gebauten) Kirchturm bewundern. Die romanischen Kennzeichen des Gebäudes sind an der nördlichen Seite erkennbar, besonders an den kleinen hängenden Bögen in der letzten Spannweite, unter dem Vierungsturm, der im Mittelalter als Glockenturm benutzt wurde.

Das Innere der Kirche hat einen Basilikengrundriss, der richtig gerichtet ist, und ist in drei Schiffen geteilt; es besteht aus drei Spannweiten, und jede hat eine verschiedene Abdeckung. Die erste Spannweite hat eine kuppelförmige Deckung und wird von zwei Pfeilern begrenzt; der Raum zwischen dem Pfeil und der Gegenfassade ist von zwei Bögen, die auf einer Ziegensäule beruhen, aufgeteilt; der Schmuck (14. Jahrhundert) ähnelt die Ziegel. Im Gewölbe (14. Jahrhundert) sieht man das Wappen des Abtes Ferdinando Dal Pozzo und einen Schmuck im Rokokostil (1735), Werk des Malers Giuseppe Antonio Tosi aus Oleggio (Il Cuzzio genannt).
Der Schmuck stellt die heiligen Filippo Neri und Francesco da Paola dar. Die zweite Spannweite hat ein schwerfälliges Kreuzgewölbe; verändert wurde sie zur Zeit des Baues der Seitenkapellen, die Sankt Anton aus Padua und der heiligen Jungfrau des Rosenkranzes gewidmet sind. Die Kapelle von Sankt Anton (links) wurde von Francesco Belotto aus Busto Arsizio mit Fresken bemalt. Der Schmuck der rechten Kapelle geht auf die Jahre 1700-1720 zurück und stellt Sankt Dominikus und Sankt Franziskus (auf dem Gewölbe) dar, sowie die Geheimnisse des Rosenkranzes und Sankt Karl, der den Pestkranken das Abendmahl reicht und Zwei Jesuiten, die Indios taufen. Im Presbyterium steht in der Mitte ein Marmoraltar im Barockstil, der im 19.
Jahrhundert von der Pfarre Borgoticino gekauft wurde; das Presbyterium ist von einem Kreuzgewölbe mit einem Spitzbogen gedeckt; im Inneren bewundert man, vor allem in der westlichen Seite des Vierungsturm, vortreffliche romanische Fresken, die Soprintendenza neulich restauriert hat.



 
 

DIE “FAGIOLATA”

Der Schutzheilige der Badia ist Sankt Julius. Das Sanktfest fällt auf den 31. Januar und wird am letzten Januarsonntag mit der sogenannten “Fagiolata” festlich begangen. Auf das mit Akazienholz unterhaltene Feuer werden sieben Kupferkessel gestellt; darin werden verschiedene Gemüse mit Fleisch, Schweinswürsten, Speck und Bohnen gesotten; das Bohnenmaß entnimmt man aus alten Rezepten (sechs “mine”).

Die Suppe wird gemäß der Tradition vorbereitet und vom Priester unter den Teilnehmern an der Messe verteilt. Durch diese Gedenkfeier erinnert man alle, reichen und armen, Christen daran, dass sie vor Gott und vor der Kirche gleich sind; das gilt überhaupt im Abendmahl, das dem Herkommen gemäß die Hochmesse abschloss.